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Sigmund Jähn besucht IFA-Museum

Mittwoch, 20. Februar 2019, 17:34 Uhr
Wer in den letzten Tagen die Presse verfolgt hat, wird viele Berichte und Texte finden, die sich mit dem Besuch von Sigmund Jähn in Nordhausen beschäftigen. Also wollte ich keinen Bericht über die Taten des Oberst Dr. Sigmund Jähn schreiben sondern einfach nur erzählen, wie ich diese zwei Tage erlebt habe:

Es ist Freitag, der 15. Februar 2018 genau 19:13 Uhr, der ICE 1090 aus Berlin trifft pünktlich in Halle Hauptbahnhof ein, obwohl eine unergründliche Anzeigetafel Verspätung angezeigt hatte. So stand er plötzlich neben uns, Sigmund Jähn, der erste Deutsche im All und der neunzigste Mensch überhaupt, der das Abenteuer Weltraum erleben durfte. Ein bescheidener unauffällig wirkender Mann mit Reisetasche, wie die vielen anderen Reisenden an diesem Abend. Am 13.Februar feierte er seinen 82. Geburtstag zu Hause in Straußberg, war beschäftigt mit den Briefen und Telefongesprächen. „Das ging den ganzen Tag“, so seine Worte, als wir ihm gratulierten.
Noch vor einigen Tagen war er schwer zu überzeugen, seine Zugfahrt hier in Halle zu beenden und unseren Abholwunsch zu akzeptieren.
Die erste Stunde im Auto im Gespräch mit Günter Hebestreit holt viele Erinnerungen an Bekannte und Freunde zu Tage. Menschen, die an der Entwicklung der Raketen und den ersten missglückten Starts beteiligt waren. Damit knüpfen wir den Faden bis nach Nordhausen zurück und warum gerade wir Nordhäuser ihn eingeladen haben. Günter Hebestreit war es auch, dem wir den Besuch zu verdanken haben. Damit ergab sich Gelegenheit zum ersten Kontakt mit unserem berühmten Gast. Dann im Hotel erleben wir einen gut gelaunten Jähn, er freute sich auf ein gemeinsames Bier und ein Gespräch vor dem Schlafen. Bald kommen wir zur Politik und können besser erahnen, warum für einige noch heute der Umgang mit Siegmund Jähn verwirrend erscheint. Er legt wenig Wert auf die Tatsache, dass sich in der Vergangenheit viele mit ihm schmücken wollten. Man merkt schon nach wenigen Sätzen, dass es die Achtung und Freundschaft seiner Weggefährten, die Zusammenarbeit mit den Kosmonauten und Astronauten der nachfolgenden Generationen ist, die ihn berührt. So kommt er geradewegs auf die Begegnungen und Geschichten mit den Menschen, die seine Arbeit in der Raumfahrt der letzten Jahre prägten. Einer von ihnen ist der aktuell letzte deutsche Astronaut und zeitweilige Kommandant der ISS Raumstation Alexander Gerst, über den er mit Hochachtung spricht.
Aber dann erscheint auch schon der erste Fan, vorbereitet mit Buch und Jähn gibt sein erstes Autogramm an diesem Abend. Der Lohn ist, wie konnte es anders sein, eine Flasche „Feiner Alter K.. „

Der nächste Morgen beginnt pünktlich um 9 Uhr mit dem Empfang durch die Vereinsfreunde des IFA Museums. Sonnenschein und ein aufgeräumter Jähn, - „Melde mich zur Stelle“ – das waren gute Bedingungen für ein anstrengendes Programm, das vor uns lag.
Begrüßung im Museum (Foto: Emmelmann) Begrüßung im Museum (Foto: Emmelmann) Zunächst aber Blumen zum Geburtstag und das erste Foto vor dem Eingang. Es werden noch viele an diesem Tag seinen Besuch festhalten. Es folgt der übliche Rundgang durch die Ausstellung geführt durch Werner Steinmetz, der findet einen interessierten Besucher mit Fragen und viel Wissen um die Dinge. Werner hält sich an den Zeitplan und so bleibt Zeit für ein Gespräch im kleinen Kreis bevor die Presse kommt.

Gespräch im Verein (Foto: Emmelmann) Gespräch im Verein (Foto: Emmelmann)
Es sind wieder diese kleinen Geschichten von denen er erzählt, über seine erste Begegnung mit Walentina Tereschkowa in der Wohnanlage des Sternenstädtchens, seiner Wohnungsnachbarin und erste Frau im Weltraum, oder wie Alexander Gerst die Erinnerungsplakette vom Flug der Soujus im tiefsten Sibirien erworben und später mit in die ISS genommen hat, oder von der nicht ganz regimekonformen Puppenhochzeit in der Salut Raumstation.

Es folgt eine Stunde Presse und erneut viele Fragen nicht nur zum Damals sondern auch zum Heute. Auffällig ist seine Achtung vor den Leistungen aller Raumfahrtnationen, er wünscht sich, dass die Zusammenarbeit im All, die gegenseitige Hilfe und Achtung mehr auf die Gesellschaft auf der Erde niederschlägt. Viele seiner Sätze bleiben im Gedächtnis, so zum Beispiel „In ihrer ethischen Entwicklung ist die Menschheit immer noch primitiv. Die Wissenschaft bringt die Raumfahrt voran, nicht aber die Menschen“. Immer wieder plädiert er für Abrüstung und friedliche Zusammenarbeit.
Wenn wir dann über seinen Weg in die Soujus 31 reden, fällt oft die Antwort „Da hatte ich wohl Glück“. Aber so richtig kann man es nicht glauben, zu viele Eignungstests liegen auf diesem Weg. Er berichtet vom Riechtest oder seiner Fähigkeit, in der Zentrifuge die extremen Belastungen am besten zu überstehen und „Wer Angst hat, darf sich für diese Aufgabe nicht bewerben“. Viele dieser Geschichten und Statements finden sich später in der öffentlichen Veranstaltung wieder.

Ab 12:00 Uhr eine verlängerte Mittagspause, seine Begleitung hatte darauf bestanden und alle Wünsche abgebügelt. Zugegeben war ich zunächst etwas skeptisch, als er in einem unserer Vorgespräche vorsichtig wie er ist, die Sachbuchautorin Maja Nielsen ins Gespräch brachte „Sie hilft mir, die Veranstaltungen zu organisieren“. Das hat sie dann auch mit straffer Hand zum Wohle ihres Schützlings durchgezogen.
Aber es wäre wohl nicht Jähn, hätte er die Pause nicht genutzt, um seine Unterschrift auf viele unserer kleinen Lesezeichen zu setzen. So kam er gut vorbereitet in die Stadtbibliothek.
Aber zunächst beginnt der Nachmittag mit dem Empfang beim Oberbürgermeister und dem Eintrag ins goldene Buch der Stadt Nordhausen. Der Stadtrat hatte einstimmig beschlossen, Sigmund Jähn in die Reihe der wichtigsten Besucher der Stadt aufzunehmen. Als Belohnung gab es natürlich erneut eine Kostprobe vom bekanntesten Produkt der Stadt.

Ins goldene Buch der Stadt (Foto: Emmelmann) Ins goldene Buch der Stadt (Foto: Emmelmann)


Anschließend der eigentliche Sinn aller Bemühungen, der Vortrag zum Raumflug. Ideale Bedingungen im imposanten Gebäude der Stadtbibliothek. Wir hätten es eigentlich wissen müssen und man hatte uns ja gewarnt. Die Karten waren nach kurzer Zeit vergriffen und wir müssen uns nachträglich entschuldigen, dass nicht alle Interessenten eingelassen werden konnten. So hatte sich der Ratssaal bis auf den letzten Platz und alle Fensterbänke gefüllt.
Maja Nielsen stellte Ihm locker die Fragen, die auch das Publikum interessierte. Er berichtet über den langen Weg der Vorbereitung, den Start den eigentlichen Flug und die Zeit danach, die vielen Menschen die ihm wichtig oder die sich nur selbst wichtig waren. So kam am Ende eigentlich nur die eine wichtige Frage „Was machtet ihr mit dem „menschlichen Abfall““? – „Wir hatten da so einen Eimer“ war seine Antwort.
Am Ende viel Applaus, Blumen für eine Moderatorin, die ihre Sache sehr souverän erledigt hat und ein kleines Erinnerungsgeschenk für Sigmund Jähn.
Der weiß natürlich auch, was seine Fans nach so einer Begegnung als Erinnerung wünschen, Autogramme und nochmals Autogramme und er gab sie Jedem, der ihm ein Buch oder eine Karte reichte. Am Ende hatten alle ihre Unterschrift.
Dann pünktlich „Abflug“ nach Hause, unser Zeitplan war bis auf die Minute aufgegangen. Maja Nielsen schreibt später über die Rückreise unter anderem: „Ich soll nochmal herzliche Grüße ausrichten. Herr Jähn war gut aufgelegt. Man merkte ihm an, dass er sich bei Ihnen wohl gefühlt hat...“
Was bleibt, ist die Erinnerung an eine gelungene Veranstaltung mit einem der interessantesten Zeitzeugen aus den ersten Jahren der bemannten Raumfahrt und eine gute Werbung für das IFA Museum.

Nachsatz:
Ich habe Sigmund Jähn in diesen anderthalb Tagen als einen Menschen kennengelernt, der lange überlegt, wenn er um seine Meinung gefragt wird und vorsichtig aber bestimmt Stellung bezieht. Ein Held will er nicht sein aber ein Vorbild für Mut, Wissen und Bescheidenheit ist er ganz sicher.

Mein persönlicher Dank gebührt allen die mitgeholfen haben, ein gutes Event zu organisieren, den Vereinsfreunden, dem Team der Stadtbibliothek und nicht zuletzt Günter Hebestreit, ohne ihn hätte es diese Veranstaltung nicht gegeben.

Hans-Georg Franke

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