Goldener Kolben - Presiträger 2022
Aktuelles

Ein Bericht aus Schönebeck

Sonnabend, 18. Mai 2024, 07:32 Uhr
Vortragsveranstaltungen wie die zur Schönebecker Betriebsgeschichte werden oft mit Spannung erwartet. Vor allem Themen, die sich im Nebel der Geschichte nur undeutlich hervorheben finden großes Interesse. Wenn es um den größten Traktor aus DDR-Produktion geht, wissen die Fans alles genau, sie kennen jede Schraube, seine Stärken und Schwächen, sie treffen sich regelmäßig tauschen sich aus und pflegen die Gemeinschaft. Die Geschichte seiner Erbauer, ihre Herkunft und wie sie zu dem geworden sind, was wir heute über sie wissen, ist oft lückenhaft. Diese Geschichte aus dem Munde eines der wenigen Zeitzeugen zu erfahren, dessen gesamtes Arbeitsleben mit dem Betrieb an der Elbe verbunden ist, ist deshalb eine seltene Gelegenheit.
So war es nicht erstaunlich, dass sich schon im Vorfeld viele Freunde der Marke Fortschritt meldeten, um günstige Plätze zu reservieren. Eine Reisegruppe aus Sachsen/Thüringen kam sogar mit dem Wunsch zu grillen und dann eine Führung durch die Ausstellung zu buchen. Sie erschienen dann pünktlich mit PKW und Versorgung, im Tross fanden sich auch noch Ludwigsfelder LKW s.
Die Freunde vom Lanz Bulldog Club Sundhausen brachten Ihre Schönebecker Traktoren mit, alles Fahrzeuge, die mit Nordhäuser Motoren ausgestattet sind.
So wurde aus einem Vortragsnachmittag ein kleines Oldtimertreffen mit Fachgesprächen am Objekt und der Platz um den Brunnen war schnell gefüllt.
Es war vor ca. einem Jahr, der ehemalige Traktorenwerker Manfred Kirchhof der das IFA-Museum besuchte und schnell zu überzeugen war Dr. Erdmann Puls für einen Vortrag in Nordhausen zu gewinnen.
Bestuhlung  (Foto: Franke) Bestuhlung (Foto: Franke) Die Erfahrungen der letzten Vorträge hatten uns gewarnt, für dieses Thema brauchen wir mehr Platz als das obere Foyer bietet. Es ist nicht erste Mal, dass die Ausstellung für eine Veranstaltung umgebaut werden musste. Der Umbau ist etwas aufwendig aber dank der Vereinsfreunde und der Mitarbeiter AGH möglich.
Aufmerksame Zuhörer (Foto: Franke) Aufmerksame Zuhörer (Foto: Franke) Wie zu erwarten lauschten dann auch mehr als 120 Besucher dem Vortrag.
Dr. Puls berichtet in seinem Vortrag, wie aus einer Fabrik für Fahrräder und Blechteile nach 1945 zunächst ein Entwicklungszentrum und später der größte Schlepperbauer der DDR wurde. Grundlage waren nicht nur die zum Ende des Kriegs aus dem ehemaligen Breslau verlagerten Teile, Maschinen und Konstruktionsunterlagen, sondern ein Stamm von Technikern, die ihr Wissen und Erfahrungen mitbrachten. Sie hatten sehr erfolgreich Traktoren wie den FAMO XL und Ketteschlepper wie den Rübezahl gebaut. Da in Schönebeck zunächst die materiellen Voraussetzungen fehlten wurde ihr XL zunächst bei Horch in Zwickau und kurze Zeit später in Nordhausen gebaut. Ihre erste eigene Konstruktion, der RS 04, gelangte ebenfalls nach Nordhausen. Für das im Neuaufbau befindliche Werk hatte der Staat zunächst den Geräteträger vorgesehen. Deshalb war es eine besondere Freude an diesem Nachmittag die Familie Scheuch aus Erfurt zu begrüßen. Der Vater, Egon Scheuch, war der Erfinder des Geräteträgerprinzips, das bis heute Anerkennung und weltweite Verbreitung findet. Vortrag  (Foto: hgfranke) Vortrag (Foto: hgfranke)
Zum Großbetreib wird das Werk ab Mitte der 60iger Jahre mit der Entwicklung und dem Bau des damals fortschrittlichsten Zugtraktors der DDR. Der Redner berichtete über die vielen Entwicklungsstufen und Varianten, an denen er in der Forschung und Entwicklung maßgeblichen Anteil hatte.
1990 ereilte den zuletzt zum Kombinat Fortschritt gehörenden Betrieb das Schicksal der vielen Fahrzeugbauer in der jetzt ehemaligen DDR, ihre Erzeugnisse waren am Markt nicht mehr gefragt. Ca. 86 Tausend Schlepper hatten Schönebeck in alle Teile der Welt verlassen.
Dr. Puls berichtet im letzten Teil seines Vortrages ausführlich über die Anstrengungen in Schönebeck weiter Landmaschinen zu bauen und das Werk zu retten. Ihm blieb als letztes nur die undankbare Aufgabe diesen so traditionsreichen Standort zu schließen.
Nach einer kurzen Diskussion verabschiedete sich Ermann Puls bei seinen Zuhörern. Die meisten fanden sich am Kuchenstand wieder den die Frauen des Vereins mit selbst gebackenen bestückt hatten. Das bot die Möglichkeit noch einmal zu ausgiebigen Gesprächen und Austausch.
Zwanzig Vereinsmitglieder haben geholfen eine erfolgreiche Veranstaltung zu organisieren und auch einige Erfahrungen für die nächste zu sammeln.





Wir verwenden Cookies um die Zugriffe auf unsere Website zu analysieren und geben hierzu Informationen zu Ihrer Nutzung unserer Website an Partner weiter. Mehr Informationen hierzu finden Sie im Impressum und der Datenschutzerklärung.